Leise Töne und stiller Applaus

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Leise Töne und stiller Applaus

Wenn Pfarrer i.R. Gilbert Drews im Juli auf die Kanzel steigt, wird es eine Premiere für ihn geben. Sicherlich wird er keine Ausnahme machen, was die Einhaltung seiner goldenen Prinzipien anbelangt. Denen folgend wird er auf jeden Fall über den biblischen Text predigen, der lt. Predigtreihe für diesen Tag vorgeschlagen ist und selbstverständlich wird sie eigens dafür geschrieben.

Am 15. Juli hingegen wird es eine Verabschiedung sein. Und was für viele Menschen selbstverständlich scheint – dass das Ende einer Tätigkeit und die Aufnahme einer Neuen jeweils mit einem Festakt begangen wird: Für Gilbert Drews war dies in der Vergangenheit eine möglichst zu vermeidende Formalie – etwas, woran sein Herz nicht hängt. Ein aufrichtiges Wort des Dankes, von Angesicht zu Angesicht, ist laut seiner Erfahrung der bessere Weg, um Wertschätzung auszudrücken, erfahre ich im Interview.

Und an Erfahrungen hat Gilbert Drews noch mehr gesammelt, als die lange Reihe an Ordnern im Bücherregal vermuten lässt, in die der inzwischen emeritierte Pfarrer jahrzehntelang seine gehaltenen Predigten abheftete. Pfarrer Drews wuchs in einem vom Zweiten Weltkrieg geprägten Berlin auf und ließ sich nach Abschluss der Schule zunächst zum Landvermesser ausbilden. Allerdings fand er, dass er mittel- bis langfristig wohl keine Erfüllung im Kartographieren finden würde und wechselte in den kirchlichen Bereich; eine Ausbildung zum Gemeindehelfer sowie eine mehrstufige, später zum Teil berufsbegleitende Ausbildung zum Katecheten ermöglichte es ihm, u.a. Religionsunterricht an allgemeinbildenden Schulen zu erteilen. Später wurden im Dienst bewährte (A-)Katecheten – darunter Herr Drews – für eine weitere Ausbildung ausgewählt, nach deren Abschluss man im Schulbetrieb weiterbeschäftigt werden oder den Beruf des Pfarrers ausüben konnte. Seine erste Tätigkeit als Pfarrer nahm er dann in Berlin-Tegel auf. Von den vier Pfarrstellen für 15.000 Gemeindeglieder waren gerade mal zwei besetzt, und als die Amtskollegin erkrankte, war er für lange Zeit auf sich allein gestellt. Immerhin schloss die Aufgabe die Verantwortung für die Finanz- und Personalplanung ebenso ein wie die Leitung eines Kindergartens mit 28 hauptamtlichen Mitarbeitern. Unterstützung gab es zeitweise nur durch einen Hilfsprediger und einen Gemeindehelfer. Nach drei Jahren wechselte Gilbert Drews dann in den Kirchenkreis Wittgenstein ins Sauerland.
Ganze 16 Jahre lang versah er dort seinen Dienst als Pfarrer der Gemeinde in Winterberg – mit damals rund 1.500 Seelen. Er übernahm u.a. die Leitung des Martinswerks in Dorlar und des Diakonischen Werks und war Mitglied des Finanzausschusses im Kirchenkreis – bevor es ihn Anfang der 90er Jahre für nur kurze Zeit ins benachbarte Salzkotten zog, wo er zu Beginn um seine früh und überraschend verstorbene Frau trauerte. Später ging er nach Borgentreich in den Kirchenkreis Höxter und heiratete seine zweite Frau, Kristina Ziemssen. Seine ehemalige Vikarin war dort als Gemeindepfarrerin tätig, während er seinen Dienst im Seniorenheim in Scherfede und im Warburger Krankenhaus versah. Seine Abendandachten dort waren stets gut besucht und zogen neben den Bewohnern bzw. Patienten weitere Interessierte aus der Gemeinde an. Nach vierzig Dienstjahren ließ sich Pfarrer Drews in den Ruhestand versetzen, um sich vornehmlich um die Erziehung seiner Tochter Klara zu kümmern. Den Predigtdienst hingegen hat er bis heute fortgeführt.

Seine Lebenserfahrung von inzwischen fast 80 Jahren konnte Pfarrer Drews dabei immer wieder in seinen Predigten unterbringen, die er am liebsten zu Texten aus dem Alten Testament sowie den Gleichnissen aus dem Neuen Testament hält. Und so kamen Gemeindeglieder an der späteren Wirkungsstätte von Pfarrerin Ziemssen in Schwerte ebenso in den Genuss seiner Predigten wie unsere Kirchengemeinde in den vergangenen knapp drei Jahren hier in Geseke. Diese angesichts der Dauer schon als Ära zu bezeichnende Zeit endet nun. Pfarrer Gilbert Drews beendet seinen Predigtdienst mit einem Gottesdienst am Sonntag, den 15. Juli um 9.30 Uhr in der Martin-Luther-Kirche.

Es sind leise Töne, mit denen Pfarrer Gilbert Drews von seiner Schaffensperiode erzählt. Sie gaben nicht nur diesem Artikel seine Überschrift sondern mir zuvor das Gefühl, dass sich hinter dem nicht selten verschmitzten Lächeln eine Leidenschaft und Bescheidenheit verbirgt, die nicht nur unsere Anerkennung, sondern auch unseren Applaus verdient – aus Respekt natürlich in der gebotenen Stille.
 
 

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