Nicht so (h)eilig - 04. November 2021

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Nicht so (h)eilig - 04. November 2021

Nicht so (h)eilig | 4.11.2021 - Der Patriot | Kristina Ziemssen - Geseke

Im Oktober war ich im Urlaub am Bodensee. Auf einer meiner Radtouren traf ich auf eine Abzweigung. Eigentlich alles normal: Von der schmalen Straße, die mich über die Hügel des Hinterlandes durch eine wunderschöne Landschaft führte, ging nach rechts eine weitere noch etwas schmalere Straße ab. Nach hundert Metern machte sie eine Links-Kurve, sodass ich ihren weiteren Verlauf nicht einsehen konnte. Auf die Idee, hier einmal abzubiegen kam ich nicht, denn zu Beginn stand unübersehbar ein Sackgassenschild. Alles klar. Kein Abbiegen, sondern weiter geradeaus. Doch dann stutzte ich, denn über dem Sackgassenschild war ein weiteres Schild angebracht. Auf ihm stand der Name der Straße: „Im Himmelreich“.

Ich machte ein Foto und fuhr weiter. Jener Weg jedoch, die Sackgasse namens „Im Himmelreich“ ging mir weiter durch den Kopf. Bis heute.

Ich frage mich: Führt der Weg „Im Himmelreich“ tatsächlich in eine Sackgasse? Was erwartet mich am Ende? Gilt das auch für das Himmelreich im Allgemeinen? Kann es sein, dass der Weg dorthin zur Sackgasse werden kann?

Nach meinem Verständnis hört der Weg ins Himmelreich nicht einfach auf, endet nicht als Sackgasse. Es geschieht genau das Gegenteil: nach breiten und schmalen Lebenswegen, nach Prachtstraßen und Trampelpfaden, nach manchem Irrweg, mancher Umleitung, nach offensichtlichen und versteckten Wegen und sicher auch nach so manchem Auf-der-Stelle-Treten führt mich mein letzter Weg direkt ins Himmelreich. Dort wird es weit und offen mit Platz für alle. Im Himmelreich gibt es keine Enge mehr, kein Entscheiden mehr an Weggabelungen, kein Abdrängen, Überholen, Drängeln. Vor allem aber endet das Himmelreich nicht in einer Sackgasse!

Die Sackgasse, die den Namen „Im Himmelreich“ trägt – nein, das passt nicht zu meiner Vorstellung von dem Himmelreich, das mich nach meinem Lebensende erwartet, wenn mich Gott an die Hand nimmt, mich zu sich hinüberzieht und in die bunte Weite seines Himmels führt.

Mit einer Freundin und einem Freund kam ich ins Gespräch über dieses Foto, das ich ihnen zuschickte. Was sie wohl dazu sagen würden? Zunächst fiel niemanden etwas auf. Na gut, dachte ich, das Sackgassen-Schild ist reichlich beherrschend. Da achtet man nicht gleich auf das Straßenschild. Dass die Sackgasse den Namen „Im Himmelreich“ trägt, darauf musste ich meine beiden Freunde hinweisen. Doch dann hatte meine Freundin einen Geistesblitz: „Wisst Ihr was: Wenn der Weg tatsächlich zu Ende ist, dann gehen wir einfach querfeldein weiter!“ Ein grandioser Gedanke! Denn Querfeldeingehen kann zu einem wunderbaren Abenteuer mit tollen Entdeckungen werden, spannend und aufregend, vielleicht auch ein bisschen gefährlich, aber sicher mit mehr Unterhaltungswert als das Gehen auf einer asphaltierten Straße. Querfeldeingehen passt auf jeden Fall um vieles mehr zum Himmelreich als eine Sackgasse.

Auch für meine Freunde war es klar: Das Himmelreich ist immer weit und offen, egal ob sonnig, wolkig oder sternenklar. Sie wiesen mich daraufhin, dass Sackgassenschilder immer von Menschen aufgestellt werden. Bei Gott gibt es keine Sackgassen, schon gar nicht auf dem Weg ins Himmelreich. Das Himmelreich lässt sich nicht zur Sackgasse machen, auch wenn Menschen das versuchen. Früher drohte man mit Fegefeuer und Hölle. Das waren wahrhaftig Sackgassen! Heute wird eher damit Angst gemacht, Menschen könnten etwas verpassen im Leben. Der Druck ist hoch, möglichst viel mitzunehmen. Ruhig dabei auch die Ellenbogen benutzen! Rücksichtslosigkeit schadet nicht, wenn es um das Erreichen eigener Ziele geht. Augen zu und durch, eine nicht schlechte Strategie. Und das bitte mit Nachdruck, um nicht auf der Verliererseite zu landen, in einer der vielen Sackgassen dieser Welt, zum Beispiel als Flüchtling im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen.

Meine Freundin sagte es mit allem Nachdruck: „Nein, der Himmel ist keine Sackgasse. Himmel ist immer querfeldein!“ Dieses Querfeldein ist allen möglich, egal ob jemand mit dem Rad unterwegs ist oder wie die Oma meiner Freundin mit dem Rollator. Egal wie Menschen unterwegs sind: Querfeldein, auf ungeahntem Weg, geht es ins Himmelreich. Was für ein tröstliches und ermutigendes Bild.

Zum Schluss gebe ich zu, dass ich nun doch neugierig bin, wohin jene Sackgasse am Bodensee mit dem Namen „Im Himmelreich“ führt. Wenn ich das nächste Mal dort bin, biege ich mal nach rechts ab. Und vielleicht erzähle ich dann hier davon.

Wer Lust hat, kann sich das Foto auf der Homepage unserer Kirchengemeinde ansehen: www.evangelisch-in-geseke.de

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